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Unter der Glaskuppel

Unter der Glaskuppel

In der Democracy-App können die Nutzer nicht nur sehen, wie die Abgeordneten im Bundestag abgestimmt haben, sondern auch mitmachen — diesmal bei den Themen WHO, Bürgerrat, Volksentscheide und Abschiebungen. Teil 7.

Der letzte Teil fokussierte sich auf die 16. und 17. Kalenderwoche. Im folgenden Text werden einige Abstimmungen aus der 19. Kalenderwoche näher betrachtet.

Stärkung der WHO

Am 12. Mai 2023 stimmten die Mitglieder des Deutschen Bundestages über folgenden Antrag der Regierung ab: „75 Jahre WHO — Stärkung und Reform der Weltgesundheitsorganisation“ (1). Es geht um den geplanten Pandemievertrag der WHO und die Reform ihrer bereits bestehenden Internationalen Gesundheitsvorschriften. Im vierten Punkt des Antrags wird dieses Vorhaben deutlich:

„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung (...) auf, sich in der Ausarbeitung eines Pandemieabkommens oder -instruments sowie der Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften aktiv zu beteiligen und darauf hinzuwirken, dass die WHO im Bereich der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion eine zentrale Rolle einnimmt“ (2).

Kurz gesagt: Es sollen so viele Kompetenzen wie nur möglich an die WHO abgegeben werden.

Pandemievertrag

Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring zählte einige Punkte des Pandemievertrages auf, die den Abgeordneten zum Zeitpunkt der Abstimmung bekannt gewesen sein mussten:

  • Die WHO möchte einen leichteren Zugang „zu Ausbruchsgebieten,“ in diese sie dann „Expertenteams“ entsendet.
  • Für die „Produktion von Pandemieprodukten“ sollen Vorräte und Rohstoffe bereitgestellt werden.
  • Die Regierungen sollen „Anreize (Geld) für die Pharmafirmen“ setzen, damit diese ihre Produkte entwickeln, verteilen und bevorraten können.
  • Eine stärkere „Zusammenarbeit mit dem Privatsektor (...) und der Zivilgesellschaft“. Norbert Häring erwähnt hier als Beispiele die „Pharmakonzerne“ und die „Gates-Stiftung“.
  • Auch der Kampf gegen Fake-News darf nicht enden. Möglichen „Infodemien“ muss etwas entgegengesetzt werden.

Diese Punkte — und noch viel mehr — sind für die Regierungen, die den Pandemievertrag unterzeichnen, verpflichtend.

Der Spender bestimmt die Themen

Der Wildnispädagoge und Blogger Bastian Barucker machte auf einen wichtigen Punkt aufmerksam: Die Regierung gibt in ihrem Antrag zu, dass die WHO in den letzten Jahrzehnten „immer abhängiger von Spenden“ wurde. In dem Dokument steht weiter, dass die Geber, „ob öffentlich oder privat,“ so „Einfluss auf die Arbeit der Organisation (...) nehmen.“ (3).

Internationale Gesundheitsvorschriften

Doch das ist noch nicht alles. Der Bundestag stimmte — wie oben erwähnt — nicht nur über den den Pandemievertrag der WHO ab, sondern auch über eine Reform der seit fast 20 Jahren bestehenden Internationalen Gesundheitsvorschriften (im englischen: International Health Regulations, IHR). Diese Vorschriften wurden erst im Mai 2023 neben dem Pandemievertrag auf der Weltgesundheitsversammlung der WHO in Genf weiter besprochen.

Ein Beispiel: In den alten Vorschriften aus dem Jahr 2005 wurden im dritten Artikel noch die „uneingeschränkte (...) Achtung der Würde,“ die „Menschenrechte“ sowie die „Grundfreiheiten“ erwähnt. Im neuen „Rohentwurf“ wurden alle drei Verweise gestrichen.

Zur Abstimmung

Am 12. Mai 2023 stimmten 497 Mitglieder des Deutschen Bundestages mit Ja, 68 mit Nein, 25 enthielten sich. Die AfD stimmte geschlossen mit Nein, dazu kamen noch zwei fraktionslose Mitglieder sowie ein Mitglied der Christdemokraten. Der größte Teil der Partei Die Linke enthielt sich, alle anderen stimmten mit Ja. Auffällig ist die hohe Zahl derjenigen, die ihre Stimme gar nicht erst abgegeben haben. Es sind immerhin 146 Personen, das macht gut 20 Prozent der Abgeordneten. Die meisten Stimmen, 50 an der Zahl, fehlten von der CDU/CSU-Fraktion.

Während also 68 Prozent der anwesenden Abgeordneten einer Kompetenzerweiterung der WHO positiv entgegensehen, stimmten 86 Prozent der Nutzer in der Democracy-App mit Nein. Von den 1265 Nutzern stimmten nur 12 Prozent mit Ja.

Bürgerrat

Am 10. Mai 2023 stimmte der Bundestag über einen Antrag der Ampel-Regierung aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Partei Die Linke ab. Dem Anliegen dieser vier Parteien nach soll der Bundestag einen Bürgerrat einsetzen. Dieser hat das Thema: „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ (4). Der Bundestag möchte „ein genaues Bild davon (...) bekommen, welche Maßnahmen die Bürgerinnen und Bürger für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung wünschen oder welchen Beitrag sie selbst dafür bereit sind zu leisten.“ (5)

Am Ende stimmten diese vier Parteien sowie ein fraktionsloses Mitglied, sie machten 55 Prozent aus, mit Ja. Die meisten anwesenden Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion stimmten mit Nein, ebenso die AfD und vier fraktionslose Mitglieder.

Wie so oft sieht das Abstimmungsverhältnis in der Democracy-App anders aus als das im Bundestag. In der App stimmten 70 Prozent mit Nein, 27 Prozent mit Ja, der Rest enthielt sich.

Volksentscheide

In Abgrenzung zum Bürgerrat entschied der Bundestag ebenfalls am 10. Mai 2023 über einen Antrag der AfD:

„Mehr Demokratie wagen — Echte Bürgerbeteiligung durch bundesweite Volksentscheide statt Bürgerräte“ (6).

Die AfD argumentiert in ihrem Antrag, dass Volksentscheide „ein wesentliches Instrument der direkten Demokratie“ sind. Im Gegensatz zum Bürgerrat treffen hier bedeutend mehr „Bürgerinnen und Bürger unmittelbar politische Entscheidungen“. Im Bürgerrat ist nur eine „begrenzte Anzahl von Bürgern“, sie sind somit „nicht repräsentativ“ und auch „nicht demokratisch legitimiert“. Ihre Ergebnisse sind auch „nicht bindend“. Volksentscheide dagegen erhöhen „die politische Partizipation der Bürger“, so die AfD (7).

Es stimmten 9 Prozent der Abgeordneten für diesen Antrag. Dazu gehört die AfD-Fraktion sowie vier fraktionslose Mitglieder. Die anderen Fraktionen und ein fraktionsloses Mitglied, es waren immerhin 80 Prozent, stimmten mit Nein. Es gab keine Enthaltungen.

In der Democracy-App ergab die Abstimmung ein vollkommen anderes Bild. Von 491 Nutzern stimmten 90 Prozent mit Ja. Neun Prozent mit Nein, 1 Prozent enthielt sich.

Abschiebungen

Am 11. Mai 2023 wurde der Antrag „Abschiebehürden beseitigen, Ausreisepflichten konsequent durchsetzen“ der CDU/CSU abgelehnt. Die Ampel-Regierung, Die Linke und ein fraktionsloses Mitglied stimmten mit Nein. Die CDU/CSU-Fraktion und die AfD mit Ja. Niemand enthielt sich. In der App stimmten 1853 Nutzer ab. 79 Prozent mit Ja, 18 Prozent mit Nein.

Von der AfD wurde am selben Tag der Antrag „Nationale Kraftanstrengung zur Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern“ abgelehnt. Die AfD stimmte geschlossen für ihren Antrag, alle anderen Parteien geschlossen dagegen. Auch hier gab es keine Enthaltungen. Mit Ja dagegen stimmte der überwiegende Teil der App-Nutzer. Nämlich 73 Prozent der 1945 Nutzer, die an dieser Abstimmung teilgenommen haben.


DEMOCRACY – Ein Erklärfilm


Quellen und Anmerkungen:

Dieser Beitrag wurde mithilfe von DEMOCRACY erstellt. DEMOCRACY ist eine vom gleichnamigen und gemeinnützigen Trägerverein DEMOCRACY Deutschland e. V. zur Verfügung gestellte, kostenlose und vollständig durch Spenden finanzierte Open-Source-App, mit der ihre Nutzer selbst über die Anträge und Gesetze des Deutschen Bundestages abstimmen sowie ihre Entscheidungen interaktiv mit der Community und den offiziellen Resultaten des Bundestages vergleichen können. Um den Service aufrechterhalten zu können, ist der Verein auf Spenden angewiesen.

(1) Siehe Seite 1: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006712.pdf
(2) Siehe Seite 3 bis 4: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006712.pdf
(3) Siehe Seite 2: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006712.pdf
(4) Siehe Seite 1: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006709.pdf
(5) Siehe Seite 1: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006709.pdf
(6) Siehe Seite 1: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006708.pdf
(7) Siehe Seite 1 bis 2: https://dserver.bundestag.de/btd/20/067/2006708.pdf


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